Donnerstag, 1. November 2012

Mein freiwilliger Friedensdienst

Hier ein kleiner Beitrag über das Projekt und meine Arbeit. Der Text ist mithilfe von Auszügen meines Rundbriefes gestaltet, den ich für meine Trägerorganisation, die evangelische Kirche im Rheinland, schreibe. Viel Spaß beim Lesen!


 „Next stop 'Plaistow Station'! Please mind the gap!“ – der Spalt zwischen Bahnsteig und Bahn besaß für mich wohl eine andere Dimension als für die üblichen Fahrgäste; immerhin tat ich den ersten Schritt in meinen freiwilligen Friedensdienst, den ich für ein Jahr in einem Kloster der Franziskaner hier im Londoner Osten verbringe.
Neben der Gemeinschaft der Ordensbrüder beherbergt das Haus auch das – von ortsansässigen Freiwilligen getragene – Projekt „Helping Hands“, das einen Beitrag zur Nachbarschaftshilfe leistet.
Die Arbeit des Projekts kann in drei Bereiche unterteilt werden.
Vor Ort wird – neben heißem Tee und Sandwichs – ein offenes Ohr für Konversationen geboten, da im Büro immer ein Freiwilliger anzutreffen ist, der sich um die Ankommenden kümmert und den Telefondienst bestreitet. Neben dieser Arbeit wird vor Ort zusätzlich ausgesuchten Obdachlosen eine Unterkunft geboten, damit sie sich in Ruhe sammeln und auf einen Neustart vorbereiten können. Außerdem werden Hausbesuche vorgenommen, damit immobilen Menschen bei ihren Einkäufen geholfen werden oder ihnen ebenso ein offenes Ohr geboten werden kann.
Zurzeit leben neben Brother Julian, Brother Peter und mir fast ausschließlich obdachlose Familien im Haus der Gemeinschaft, wobei diese aus verschiedensten Ländern kommen – England, Pakistan, Ghana, Lettland, Litauen und Portugal sind im Moment vertreten. Durch die Vielzahl an Familien haben wir ein kinderreiches Haus, das vor Leben nur so boomt; hinzu kommen die täglichen Besucher, die dem Haus zusätzlich noch Leben einhauchen. Nichtsdestotrotz kann das Haus – gerade durch seinen wundervollen Garten – ein wunderbarer Ort der Ruhe und Einkehr sein, und damit seiner Funktion als Zufluchtsort vollkommen gerecht werden.  Ich arbeite hingegen hauptsächlich außerhalb des Hauses, besuche vor-und nachmittags ältere Menschen in der Nachbarschaft und verbringe meine Zeit mit ihnen. Meist unterhalten wir uns einfach, nachdem wir einkaufen waren oder einen kleinen Ausflug gemacht haben, der uns in andere Teile der Stadt zu verschiedensten Märkten, Parks oder Shoppingcenter geführt hat.

So besuche ich beispielsweise auch mit einer meiner Klientinnen jede Woche das Stratford-Shoppingcenter.

Hierfür benutzen wir den Rollstuhl, da sie durch ihre Erblindung Schwierigkeiten hat, lange Strecken mit ihrem Rollator zurück zu legen. Wenn wir dann unterwegs sind, erledigen wir meist die wöchentlichen Einkäufe (wobei ich mich mittlerweile sogar in englischen Supermärkten zurechtfinde, und alle englischen Produktnamen kenne; am Anfang war das gar nicht mal so einfach) und genießen danach englisches Essen – für sie jede Woche eine mit Käse gefüllte Pellkartoffel [jacked potato with cheese] . Bei ihr Zuhause verstaue ich dann die Einkäufe im Kühlschrank oder Gefrierfach und verstecke ihren Whisky vor ihrem Pfleger, der sie morgens für den Tag und abends für die Nacht vorbereitet; denn trotz ihrer Erblindung lebt Emma alleine in ihrem Haus und bekommt regelmäßig Besuch von ihrer Familie und von Freunden. Sie ist ein lebensfroher und genussfreudiger Mensch, es ist wunderbar zu sehen, dass die jede Minute ihres Lebens genießt. Da viele meiner Klienten noch alleine leben, aber nicht alle so viel Unterstützung und Besuch von ihrer Familie bekommen, sind sie stets sehr dankbar, wenn ich mit ihnen Ausflüge machen und wir dabei die Einkäufe erledigen.

In meiner freien Zeit werden Ausflüge und Einkäufe jedoch ausschließlich mit dem Fahrrad erledigt, da die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel durch fehlende oder unbezahlbare Monatskarten einfach zu teuer ist. Dabei ist es interessant festzustellen, dass das Fahrrad nicht nur günstiger für Geldbeutel und unsere Umwelt ist, sondern zusätzlich auch noch schneller als das Auto oder der Bus.
So führen mich meine wöchentliche Fahrradtouren durch Plaistow mit seinen britischen Backsteinhäuschen, über die Isle of Dogs mit ihren    riesigen Gebäudekomplexen oder auch durch Greenwich mit seinen viktorianischen Prachtbauten.

Wir hören uns bald wieder - versprochen.
Euer Jens

Und wenn ihr auch Interesse an einem freiwilligen Friedensdienst habt, dann schaut doch mal bei der Arbeitsstelle für KDV, ZD und FFD der evangelischen Kirche im Rheinland vorbei [ www.aktiv-zivil.de].

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