Mittwoch, 2. Januar 2013

"Der Gast ist König!"



Mit mehr als 8 Millionen Einwohnern ist London die bevölkerungsreichste Stadt der europäischen Union. Doch die Metropole kann nicht nur mit ihrer Einwohnerzahl punkten. Vielmehr ist London mit 16,9 Millionen internationalen Gästen jährlich die meist besuchte Stadt der Welt. Mit allerhand Investitionen im Zentrum Londons versucht man die Besucher dauerhaft zufrieden zu stellen, um den Tourismus zu fördern. Natürlich muss dieser existenzielle Wirtschaftsbereich unterstützt werden. Aber sollten die Touristen auch – ganz nach dem Motto „Der Gast ist König!“ – Priorität gegenüber der Bevölkerung genießen?

„Das letzte Mal waren wir vor acht Jahren hier – wir haben da vorne auf der Treppe geschlafen!“
Katharina, die Mutter von zwei Kindern, weist zu den Stufen der National Galerie am Trafalger Square.
Im Osten der Metropole lebt man in einer ganz anderen Welt. Viele Menschen sind in finanzieller Not. Gerade die Menschen in unserem Haus begleitet zudem die ständige Angst vor Obdachlosigkeit; sie haben keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung. Mein Projekt
helping hands ermöglicht diesen hilfsbedürftigen Familien mindestens einmal im Monat einen Ausflug, um die Sorgen für einen Moment zu vergessen. Und obwohl die Kinder in London wohnen, haben viele bei unserem Besuch des Londoner Stadtkerns zum ersten Mal das Parlament ihres Landes gesehen. Durch die unbeschreiblich hohen Fahrkartenpreise ist es den meisten Familien in östlichen Stadtteilen unmöglich Ausflüge in die Innenstadt zu unternehmen. Manch einer besitzt zumindest noch das Privileg, Arbeit im Stadtkern gefunden zu haben. (158 Euro monatlich müssen dann aber vom Gehalt für die Anreise abgezogen werden.)

Aber vielleicht ist genau das auch die Absicht, vielleicht sind weite Teile der Stadt nur noch für Touristen gedacht. Es erinnert mich ein wenig an Disneyland – alles ist großartig. Die Touristen sind wunschlos glücklich mit ihren Sehenswürdigkeiten, den ausgezeichneten Verkehrsanbindungen und den kostenfreien Museen. Und obwohl die Museen kostenfrei sind, so sind sie für viele Menschen noch lange nicht barrierefrei. Alternativen bleiben aber auch keine, zumindest habe ich noch kein Museum in unserem Stadtteil gesehen.

Doch was ist zu tun, wenn Geld ausschließlich in den Stadtkern fließt, obwohl die breite Masse und auch der größte Bevölkerungszuwachs in östlichen Gebieten liegt?
Investitionen sollten nach Notwendigkeit und nicht nach Lage verteilt werden, denn obwohl London von seinem Tourismus lebt, ist das schlagende Herz immernoch die Bevölkerung. Und auch Touristen sollten ihren Teil beitragen. Außergewöhnlichere Orte abseits von Sehenswürdigkeiten können auch besucht werden; sie können durch ihren ganz eigenen Charme und die dort lebenden Menschen bestechen.
Denn britisch ist nicht, was man bei Souvenirhändlern findet; britisch sind die Menschen und ihr Zuhause.

(Informationen von [www.visitbritain.org], [http://www.london.gov.uk/shaping-london/london-plan/facts/] und [www.en.wikipedia.org/wiki/Tourism_in_London])

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen